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Feindschaft!

Zeus und sein Sohn Hermes wollten sich einst ein Bild von einem Tal machen, in dem alles üppig blühte und gedieh, das Vieh gut genährt war und sie daher rundum zufriedene Menschen vermuteten. Stattdessen trafen sie beinahe ausschließlich auf geizige, abweisende und feindlich gesinnte Leute. Lediglich Philemon und Baucis, ein älteres Paar, das in einer ärmlichen Hütte lebte und ein bescheidenes Dasein fristete, hieß die Fremden herzlich willkommen, teilte mit ihnen Speis´ und Trank und bot ihnen ein einfaches Quartier für die Nacht an. Sie wurden dafür von den Göttern belohnt.

Die Erfahrungen der beiden Götter erinnern an unser feines, fettes und reiches Land. Eine blühende und üppig wachsende Natur, Reichtum, Sattheit, mittendrin viele unzufriedene und von Neid zerfressene Menschen. Zum Glück sind die Krisenherde weit genug weg, trotzdem schaffen es ein paar fliehende Menschen unangenehmer weise bis hierher. Andere Länder erdreisten sich gar, Kontingente sich auszudenken, wie viele Flüchtlinge die europäischen Länder aufzunehmen hätten. Speziell erinnern wir uns da einmal mehr an die unglaubliche Großzügigkeit unserer Regierung gegenüber syrischen Flüchtlingen, aber lassen wir diese Details im Gesamtdesaster im Umgang mit Menschen, die Hilfe brauchen.

Ein zentrales Problem von nationalistischen Parteien an der EU ist in erster Linie jenes, dass aufgrund der Grenzöffnung der Feind abhanden kommt. Ohne Feind gibt es aber im so genannten dritten Lager keine politische Substanz. Im Normalfall ist eine nationalistische Partei erstens gegen so ziemlich alles und zweitens für das eigene Land, aber nicht für alle die hier leben, um das Wahlprogramm und die Strategie in größtmöglicher Ausführlichkeit festzuhalten. Das ist zwar überschaubar innovativ, funktioniert aber ganz gut. Leider sogar so gut, dass sich das Land und Europa mit diesem Quatsch auch noch ernsthaft auseinandersetzen müssen. Protestwahl, ist vielerorts zu hören. Fragt sich, wogegen der Protest sich richtet. Dass es in der EU Ideen gibt, die nur einem überhöhten Konsum von Schnaps gefolgt sein können, ist unbestreitbar. Artenvielfalt bei Gemüse zum Beispiel auf ein Minimum reduzieren. Die Reduzierung der Artenvielfalt hätte das dritte Lager gerne menschlich. Aber Schnapsideen hat jedes Land für sich selbst auch genug, vielleicht ist das ein Argument, das auf die rechten Brüder und Schwestern zutrifft: Raus aus der EU, denn wir sind selbst stark genug, um Schwachsinn auch auf nationaler Ebene niemals verkümmern zu lassen. Dafür garantieren sie ganz sicher, und um sich wirklich austoben zu können, ist ein internationales Korrektiv wie etwa eine Europäische Union als Dachverband im Wege. 

In der Steiermark liegt das dritte Lager bei den EU-Wahlen gleichauf mit den Regierungsparteien, Österreich weit gewinnt es sieben Prozent dazu. Prinzipiell sollte es keine allzu großen Sorgen machen, ein paar wird es immer geben, die keine einzige sinnvolle Idee als Programm toll finden. Insgesamt ist gar nicht mehr zum Lachen zumute. Ein holländisches Polit-Talent, das kürzlich einen Stern, der zwar nicht seinen Namen trägt, aber wohl für Holland steht, aus der EU-Flagge ausgeschnitten hat, um ihn nach Hause zurückzubringen, fragte in einer Wahlkundgebung, ob das Volk mehr oder weniger Marokkaner will. Das Volk, das dieser Kundgebung lauschte und leider nicht anders als ein gleichgeschalteter Mob zu bezeichnen ist, grölte mit Begeisterung und skandierte „weniger Marokkaner“. Die suchen den Feind also schnörkellos woanders, wenn er nicht in der Nachbarschaft wohnt, also gleich den Feind um die Ecke, der ist auch schön angreifbar. Da bleibt einem schon die Luft weg. Es besteht kein Bedarf, Dinge, die in den 1920er und 1930er Jahren sich entwickelt haben und in Wirklichkeit schwer vorstellbar sind, in echt zu erleben, in den 10er Jahren des 3. Jahrtausends. Die holländische Antwort darauf war ein klares Ergebnis für Europa. In Frankreich bekennt sich ein Viertel zum Rechtsradikalismus. Kein Wunder, das sich das hiesige dritte Lager zu so etwas hingezogen fühlt, die trauen sich wenigstens was, diese richtig Rechten. Einige Kolleginnen und Kollegen aus der Mitte nennen das dritte Lager, wenn es in Betracht gezogen werden könnte sie für eine Regierung zu brauchen, um einen Koalitionspartner zu erpressen, gerne „bürgerlich“, sie reden dann von einer „möglichen bürgerlichen Koalition“. Das macht schon staunen, ist aber bei genauerem Hinsehen nicht verwunderlich. Hier und dort geht es um Besitzbewahrung. Auf der einen Seite geht es um die schnöde Kohle und anderes Hab und Gut, auf der anderen Seite will die Scholle erhalten werden. So trifft man sich gut in der rechten Mitte, es jodelt. Das ist aber schon lang nicht mehr bürgerlich, was immer das überhaupt sein soll im Jahre 2014. 

Auf der Zunge zergehen lassen muss man sich aber den Vorschlag, den unsere werten Kollegen aus der Mitte zur Besteuerung von großem Reichtum gemacht haben: Vermögende mögen bitte ein wenig Geld an die Universitäten spenden, wenn sie schon keine Steuern zahlen dürfen, weil wir das nicht zulassen werden. Damit weniger vermögende Deppen auch ein wenig studieren können, aus Großzügigkeit des Geldadels. Zu vergleichen wäre das mit einem Polizisten, der ein PS-schwaches Auto aufhält, während SUVs mit Affentempo an allen vorüberbrausen, mit dem Argument, dass die schnellen leider nicht zu erwischen wären, hoffen wir also, dass wenigsten ein paar von ihnen das Tempolimit einhalten. Bestraft werden einstweilen die, die greifbar sind. Die Tragik liegt darin, dass es diesbezüglich keinen Aufschrei gegeben hat. Dabei beinhaltet dieser Vorschlag eine Überheblichkeit unglaublichen Ausmaßes, als wären die Konservativen gerade ungebremst im Aufwind. Und die Reaktion darauf von Seiten ihrer Regierungspartner ist nicht auffindbar, als fänden sie das gar nicht so abwegig; als gäbe es keinen Anlass für eine Sozialdemokratie, solche Ideen in Grund und Boden zu vernichten. Dabei sollten bei beiden die Alarmglocken lauter denn je klingeln. Das macht viel mehr Sorgen als Dummheiten von rechts: Die brauchen in Anbetracht dieser Regierung tatsächlich kein Programm. Zeus und sein Sohn Hermes waren beeindruckt vom Gesamtbefinden der Bevölkerung des Tales und beschlossen ohne viel nachzudenken, dass ein solches Verhalten nicht ungestraft bleiben kann. Auch bei uns wird fleißig daran gearbeitet, dass das ganze Land wieder einmal unter stinkendem Brackwasser stehen wird. 
(c) Foto: alexfiles
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[Kolumne/Walter Schaidinger/13.06.2014]





    Kolumne/Walter Schaidinger


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